Als dritter Großseriensessel ist um 1885 das Modell Nr. 56 entstanden. Thonets erklärte Absicht beim Entwurf des Nr. 14 war, einen „billigen Consumsessel“ zu schaffen. Daher verzichtete er auf alles schmückende Beiwerk und verschaffte sich dauerhaften Ruhm als Urheber des puristischen ´Stuhles an sich´, der nicht etwa dadurch nobilitiert wurde, dass er über mehr als anderthalb Jahrhunderte modern bliebt, oder dass er von den Design-Päpsten gelobt wurde, sondern allein durch die schlichte Tatsache, dass sein Bild vor dem inneren Auge steht, wenn man das Wort ‚Stuhl‘ wahrnimmt.
Wenn nun die nächste Generation der Thonets für den billigen Consumsessel noch einen Schritt weiter ging, nämlich die Rückenlehne in drei Teile auflöste und so trotz erhöhten Montageaufwands mit den mehr als halbierten Biegelängen am astfreien Biegeholz durch bessere Ausnutzung des Buchenstamms soviel sparte, dass der 56er noch billiger verkauft werden konnte, als der eine Generation ältere 14er, so wurde doch die fast mythische Aura des Vorgänger-Consumsessels nicht übertroffen. Auch das Verkaufsergebnis blieb hinter dem des 14ers weit zurück. Das lag nicht etwa an dessen zeitlichem Vorsprung, sondern viel mehr an seiner schwungvollen Linie, der die nüchterne Steifheit des 56ers eng und arm wirken ließ. Der 56er war nicht nur billig, er sah auch so aus – die Schönheit der Biegung wurde unter Kassenzetteln und Kontobüchern begraben.