Spiegel gibt es nicht häufig. Um so begeisterter war ich, als ich im Jahr 1994 gleich zwei dieser Spiegel auf dem Budapester Flohmarkt fand. Die Wiener Kollegen hatten sie stehen gelassen, weil sie schwer beschädigt waren – einer war oben, der andere unter Erhalt des Blumenbeetes unten stark gekürzt. Ein Spiegelglas und eine Rückwand fehlten.
Natürlich konnte man den unten gekürzten leicht reparieren, das Spiegelglas mit der Rückwand zusammenführen und so das sogar den Wiener Kollegen mögliche „aus 2 mach 1“ praktizieren, aber ich wollte natürlich beide Spiegel wiederherstellen. Also behielt jedes Exemplar, was ihm geblieben war und was fehlte, mußte ergänzt werden. Bis auf den oberen Bogen mit dem Sperrholzeinsatz war alles zu schaffen, aber für Bogen und Pfeildekor im Sperrholz brauchte ich Hilfe. Die fand ich bei Bodo Grützbach in Delingsdorf, dessen vorzügliche Kopien der seltenen Art Nouveau Entwürfe von Josef Hoffman meinen Respekt fanden.
Bodo hatte auch schon den Blumentisch von Hoffmann nachgebaut, dessen Vorlage er von mir ausgeliehen bekommen hatte, sodass ich seine qualitätvolle und präzise Arbeit an Original und Nachbau studieren konnte. Bodo hatte einen Holzbieger in Hamburg, der meist Rennsulkys baute, und den er bitten konnte, den dicken Bügel für das Oberteil des Spiegels aus Buchenholz massiv zu biegen. Anschäften und mit den Kehlungen abformen gelang ihm gut. Das Sperrholzdekor übertrug er mit einem Kopierfräser in eine Sperrholzplatte, deren Deckschicht aus Buchenmesserfurnier bestand. Dann wurde alles von ihm geschliffen, gebeizt, politiert und zusammen gebaut.
Jetzt nur noch zu Egon Wüstenberg in der Weddinger Gerichtstraße, meiner Glaserei für alle Probleme (Ätzungen, Sandstrahlen, Schliff, altes geblasenes Glas, dicke Tischplatten, Glasstangen, einfach ALLES! – jetzt von den Söhnen weiter geführt), um den Spiegel einsetzen zu lassen, übrigens zu einem Preis, den jeder Rahmenladen mehr als doppelt berechnen würde.
Dieses Exemplar hat meine Sammlung recht bald wieder verlassen, denn das zweite auf dem Bild habe ich noch. Übrigens hat vieles meine Sammlung im Laufe der Zeit wieder verlassen – ein Zeichen des coming of age, denn man kann viel mehr gehabt haben, als man jemals behalten könnte.